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Donnerstag, 01 Februar 2024 17:00

Holocaust-Gedenktag – Schülerinnen und Schüler (Q2) erinnern am 79. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung im Forum Jacob Pins an Opfer und Täter

Die Jacob-Pins-Gesellschaft und das König-Wilhelm-Gymnasium haben am Samstag den Holocaust-Gedenktag in Höxter im Forum Jacob Pins eindrucksvoll gestaltet. Am 27. Januar jährte sich zum 79. Mal der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Soldaten der Roten Armee. Ein deutsches Konzentrationslager auf polnischem Boden, das wie kein anderes für den systematischen und unerbittlichen Mord der Nazis an europäischen Juden steht, gilt als das Symbol der Shoah. Daran haben Schüler, Lehrer und viele Höxteraner im Pins-Forum erinnert.

Aus der Geschichte lernen, Verantwortung übernehmen, den Geschichten ein Gesicht geben, Erinnerungen wachhalten: Mit diesem Leitsatz haben KWG-Oberstufenschülerinnen und -schüler im voll besetzten Saal des Jacob-Pins-Forums der nach Auschwitz deportierten Juden sowie Sinti und Roma gedacht und sie so vor der Vergessenheit bewahrt. Darauf wies auch Eva Greipel-Werbeck vom Pins-Forum hin. Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann sagte in seiner Ansprache: „Wir wollen und werden nichts vergessen.“ Hartmann betonte, wie wichtig es sei, dass die Erinnerung an den Nationalsozialismus und seine Opfer lebendig bleibe, auch wenn sie schmerze. Das Multimedia- projekt der KWG-Schüler spiegele dies wider, und dafür dankte er den jungen Leuten. Antisemitismus und Rassismus seien keine Phänomene der Vergangenheit, und der starke Rechtsextremismus und der zunehmende Einfluss der AfD seien ernstzunehmende Gefahren, weil die Geschichte zeige, was als Nächstes passieren könne. In diesem Zusammenhang bezog sich Hartmann auf einen Bürgermeister in der Zeit des Nationalsozialismus, der gegen das Regime vorging und deshalb ins Exil musste. Daraufhin seien seine Ehefrau und Kinder verhaftet worden, schilderte Hartmann. Wie würde man heute reagieren? „Demokratie muss verteidigt werden“, sagte Hartmann.

 

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Die Gedenkstunde 2024 verdiene laut der Veranstalter besonders in der aktuellen politischen Situation im Nahen Osten besondere Aufmerksamkeit. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 des König-Wilhelm-Gymnasiums präsentierten ein Multimedia-Projekt, das sie in ihren Geschichtskursen vorbereitet hatten.

Im Zentrum der Veranstaltung standen zwei KWG-Schüler aus Höxter: ein Opfer und ein Täter. Opfer ist der 1888 geborene Kaufmann und Vorsteher der jüdischen Gemeinde Höxter, Paul Netheim, der am 31. Juli 1942 über Bielefeld nach Theresienstadt deportiert und später in Auschwitz ermordet wurde. Als Täter steht ihm Hans-Theodor Schmidt gegenüber, 1899 geborener SS-Hauptsturmführer und Adjutant des Lagerkommandanten im KZ Buchenwald, wo er für sämtliche Hinrichtungen verantwortlich war. Die Schüler stellten beide Personen in Tonsequenzen, Bildern und weiteren Dokumenten vor.

 

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Wer war das Opfer? In seiner Funktion als Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde führte Paul Netheim die Verhandlungen, als ein Teil des Friedhofs Höxter verkauft werden musste und als die Synagoge in die Hand eines Nachbarn überging. Er musste erleben, wie auch das Wohnhaus seiner Familie in der Westerbachstraße 1939 „arisiert“ wurde und er selbst mit seiner Frau zur Familie Kaufmann in die Marktstraße 27 ziehen musste. Und er musste mit ansehen, wie seine jüdischen Mitbürger nacheinander aus Höxter in die Konzentrationslager deportiert wurden.

Mit der letzten Gruppe der fast ausschließlich älteren Höxteraner Juden wurden auch Paul Netheim und seine Frau Sophie im August 1942 nach Theresienstadt deportiert, von wo Gustav Uhlmann, der einzige Überlebende der KZs aus der Stadt Höxter, im Sommer 1944 eine letzte Nachricht über ihn und seine Frau erhielt. Im Oktober 1944 wurden Paul Netheim und seine Frau Sophie zusammen nach Auschwitz gebracht und dort ermordet. In Höxter erinnern noch mehrere Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof an die Netheims.

 

Der Täter: Hans Schmidt war der Sohn eines Zementfabrikanten und Baustoffgroßhändlers. Er beendete in seiner Heimatstadt am König-Wilhelm-Gymnasium die Schullaufbahn mit dem Abitur. Er nahm zwischen 1917 und 1918 am Ersten Weltkrieg teil und schloss sich nach Kriegsende einem Frei-korps an. Von 1919 bis 1920 leistete er Militärdienst bei der Reichswehr. Anschließend absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung. Schmidt trat 1932 in die NSDAP und die SS ein. 1935 zog er ins benachbarte Holzminden. Nach dem Wechsel zur Waffen-SS erfolgte im November 1941 seine Verset- zung in das KZ Buchenwald bei Weimar. Als Nachfolger von Karl Otto Koch wurde Schmidt im September 1942 Adjutant des Lagerkommandanten und verblieb in dieser Stellung bis zur Befreiung Buchenwalds im April 1945. 1944 behielt er bis Kriegsende den Rang eines SS-Hauptsturmführers. Noch im Mai 1945 wurde Schmidt von Angehörigen der US-Armee verhaftet.

Ab dem 11. April 1947 war Schmidt im Rahmen der Dachauer Prozesse Angeklagter im Buchenwald-Hauptprozess. Wegen seiner Verantwortung für die Überwachung und Leitung sämtlicher Hinrichtungen zwischen 1942 und 1945 wurde der Höxteraner am 14. August 1947 zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Todesurteil gegen Schmidt war eines der beiden, die am 31. Januar 1951 vom Oberbefehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte in Europa, Thomas T. Handy, bestätigt wurden. In seiner Begründung verwies er auf die hohe Stellung Schmidts in der Lagerverwaltung, der den Kommandanten Hermann Pister oft vertreten habe. Nach Pisters Angaben habe Schmidt sich sehr aktiv an den Ausschreitungen im KZ beteiligt und sich eine größere Autorität angemaßt, als ihm zustand.

Am 7. Juni 1951 wurde Hans-Theodor Schmidt nach erfolglosen Gnadengesuchen des Hauptausschusses Höxter, Zeitungsaufrufen und einer Gnadenkampagne, die bis zum Obersten Bundesgericht der USA führte, im Gefängnishof des Kriegsverbrechergefängnisses Landsberg hingerichtet und danach am 9. Juni 1951 in seinem Heimatort Höxter auf dem Friedhof am Wall beerdigt. An der Trauerfeier sollen mehr als 5.000 Personen teilgenommen haben, darunter auch viele ehemalige SS-Angehörige. Es waren 800 Polizisten auf dem Wall, die eine Instrumentalisierung der Trauerfeier durch die Sozialistische Reichspartei (SRP) verhindern sollten. Die SRP erreichte bei der Landtagswahl in Niedersachsen 1951 in Holzminden rund 30 Prozent der Stimmen.

Text und Fotos: Caroline Robrecht (Q2), WB

 

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Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann und Eva Greipel-Werbeck vom Pins-Forum mit den KWG-Schülern (Abiturjahrgang 2024): (von links) Charlotte Jegust, Lennart Knop, Till Merle, Emine Baykus, Camillo Krog, Marie Schmitke, Lennard Möhle und Pia Raddei. Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann und Eva Greipel-Werbeck vom Pins-Forum mit den KWG-Schülern (Abiturjahrgang 2024): (von links) Charlotte Jegust, Lennart Knop, Till Merle, Emine Baykus, Camillo Krog, Marie Schmitke, Lennard Möhle und Pia Raddei.

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